Kerbespruch 1965

 

Schon wieder ist ein Jahr vergangen,

seitdem die letzte Kirchweih war;

und heute wird nun angefangen

und „Kerb“ gehalten wie im letzten Jahr.

Denn nach altem Brauch und Tradition,

ehren wir seit Jahren schon

unsere alte Kirche hier.

Zu der wir tragen am Sonntag morgen

unsere kleinen und großen Sorgen

deren Glocke uns die Zeit verrät
und uns ermahnet zum Gebet.

Sie ruft, wenn ein Paar wird getraut,

sie ruft aber auch in den traurigsten Weisen,

wenn es gilt einem Toten die letzte Ehre zu erweisen.

Drum, solange unsere Kirche steht
und der Ton ihrer Glocken zu uns herüberweht,

muß es eine Kirchweih geben,

Freunde – hoch soll sie leben. – V i v a t!

 

Doch jetzt mal ruhig und hört mir zu,

die Kerbegesellschaft lässt mir kein Ruh,

ich soll Euch nun alles sagen
was sich so im Dorfe zugetragen.

 

Die Wahl des Bürgermeisters ist vorbei

und es steht fest – einwandfrei,

dass man ihn für den Besten hält
sonst wäre er nicht wieder gewählt.

Die diesjährige Wahl war wie bei den Großen,

ein Auto mit Lautsprecher ist durchs Ort geschossen
und hat laut verkündt
welche Leut’ zu wählen sind.

Die Wahl jetzt hinter uns liegt,

es ist wieder Ruhe eingetreten
wir wollen sehn was es in 4 Jahren gibt
wenn die Wahlen wieder aufleben. – V i v a t!

 

Für die Renovierung unserer Kirche

setzte sich seit Jahren unser Pfarrer ein
jetzt wurde sie gemacht, auf breche und biege,

nun stellt sie sich vor, sauber und fein.

Dieser Verdienst gehört dem Pfarrer allein
darauf trinken wir später ein Schluck Wein
und wir wollen hoffen, dass er uns erhalten bleibt
viele Jahre noch,

unser Pfarrer – er lebe hoch. – V i v a t!


 

Um unseren Förster ist es still geworden
man sieht in selten, sieht in kaum.

Er hat bestimmt viele Sorgen

um Tiere, Wald und Baum.

Er wird es schon richtig machen
in Feld, Wald und Flur,

er hat bestimmt nicht viel zu lachen
denn die Wälder sind groß und rießig nur. – V i v a t!

 

Über unsere Lehrersleut ist nicht viel zu sagen
wir wissen ja, wie sie sich müssen plagen
um den Kindern etwas beizubringen,

damit ihr späteres Leben wird gelingen.

Jetzt wurde das 9. Schuljahr noch eingeführt,

und es wird von ihnen verlangt ungeniert
dass sie noch eine 9. Klasse können vertragen
und müssen sich damit herumplagen.

Wir wollen hoffen, dass sie es schaffen
und dass Ihnen die Kinder keinen Kummer machen
denn die Klassenräume sind dann zu klein
hoffentlich  wird die Mittelpunktschule bald fertig sein. – V i v a t!

 

Am 1. Mai sah man morgens in aller früh
sich versammeln eine Jugendschar
man wollte wandern mit aller Müh
bis man dort im Rheingau war.

Im Rheingau sind sie auch angekommen
und haben sich dort etwas übernommen,

denn als man weiterging am Rhein
stieg ihnen das Bier in den Kopf hinein.

Einer ist dabei wohl vom Bürgersteig abgekommen
und hat den Weg auf der Straß’ genommen.

Es sah wohl nicht das Fahrrad dass da kam
jedoch die Fahrerin dies im Übel nahm
bevor sich der junge Mann versah
hatte er eine sitzen, dass war klar.

Doch dieser ließ sich nichts gefallen
und hat wütend die Frau angefallen,

da eilte ihr Mann herbei
und im Gange war eine wüste Keilerei.

Der Mann rannte dem Schläger seiner Frau
mit der Luftpumpe nach mit viel Radau
er hat ihn aber nicht gekriegt
und alle sind dann ausgerückt.

Jetzt ist es zu einer Anzeige gekommen
und das Protokoll ist schon aufgenommen,

hoffentlich haben sie einen Richter mit Verständnis und Tugend,

der auch einmal zurückdenkt an seine Jugend – V i v a t!


 

Einer dieser Knaben, ihr wisst schon wen ich meine
machte sich auf die Beine
um der Strafe zu entkommen
da hat ein Zirkus ihn aufgenommen.

Daher raste er durch das Zelt und musste lernen
was die Tiere fallen ließen zu entfernen.

Jetzt ist er mit dem Zirkus fort
ich weiß nicht wo, vielleicht ist es besser so
als dass er hierblieb in unserem Ort.

Mit ihm ist sein bester Freund verschwunden
ich gebe es zu ganz  unumwunden
dass er sich in der Schweiz aufhält
wo er wahrscheinlich die Berge zählt. – V i v a t!

 

Um den Wagen sich zu holen
fuhr ein Bauer los
er hatte Stimmung, war lustig und famos.

Doch als er das Tor seines Schuppens aufgemacht
hat er an nichts Böses gedacht
und als er dann den Blick hob
sich ihm ein schreckliches Bild bot.

Über seinem Wasserfaß
hatte sich einer aufgehängt,

seine Kleidung war ganz naß
und die Schnur hatte ihm die Luft abgezwängt.

Als Vater und Sohn sich vom Schreck erholt,

sind sie zum Bürgermeister gefahren,

der hat dann die Polizei alarmiert
und die gesamte Mordkommission kam anmarschiert.

Als die Mordkommission am Tatort angekommen,

hat sie die Leiche vom Strick genommen,

dann wurde sie zum Friedhof gebracht
und später wurde dann das Geschäft gemacht. – V i v a t!

 

Wie ist es doch so schön
den neuen Führerschein in der Tasch zu sehn.

Doch erst viel schöner ist es dann
wenn das Auto steht nebendran.

Soviel Glück hernieden
war einem von uns beschieden.

Jetzt wird das mal ausprobiert
hat er seinen Freunden offeriert,

er fuhr gleich los nach Wambach hin
kam hatte man geguckt
steckt er schon in einer Achse vom Hänger drin.

Dem Fahrer ist Gott seit Dank nichts passiert
jedoch das Auto war sehr demoliert.

Jetzt ist der Schaden wieder behoben
nun fährt er langsam, man muß ihn loben. – V i v a t!


 

Neulich war in Wambach ein Sängerfest
geladen waren alle als Gäst
so waren auch die Bärstädter Jungen da
es wurde getrunken, gesungen wunderbar.

Drei von uns harrten bei Bier bis zum Schluß
dann gingen auch sie weil man nach Hause muss.
Unterwegs haben sie mal halt gemacht
und auf der Straß eine Feuer entfacht.

Sie haben sich um das Feuer gelegt
und mit Birkenzweigen die Straß gefegt.

Als ein Auto kam angepfiffen
haben sie die Flucht ergriffen,

sie liefen in die Wiesen
wo sie sich in den Dreck fallen ließen.

So kamen sie dann

um 5.00 Uhr morgens hier an
bis sie das Bett gefunden
das dauerte bestimmt noch Stunden. – V i v a t!

 

Jeden Abend trifft sich die Jugend
an dieser Treppe hier
um sich zu erzählen bei einer Flasche Bier.

Dies konnte ein Mann nicht leiden
und suchte sie zu vertreiben
er schimpfte und machte ein Mordskrawall
und begoß sie von oben mit einem Wasserschwall.

Die Jungen naßgespritzt
sind dann auch von der Trepp geflitzt.

Jetzt fängt er an und macht die Treppe vorher naß
damit sich niemand setzen kann.

Und im Nu hat er jetzt seine Ruh. – V i v a t!

 

Feuer, wie eine Lawine ging es durch den Ort,

wo brennt es dort! dort!

Tatsächlich man sah das Rauchschwaden kamen
aus einer Küche, Fenster, Tür und Laden.

Einer hatte es gesehen
und schon blieben alle Leute stehen.

Dann sind drei Männer in die Küche eingedrungen
um zu löschen die Flammenzungen,

zum Glück wurde keine großes Feuer drauß
und gerettet wurde das ganze Haus.

Ohne daran zu denken, dass man sie vergütet
haben die drei Männer das Schlimmste verhütet. – V i v a t!

 

Und in Kiedrich war Burgfest
und jeder sich dort einmal sehen lässt
so ist auch einer hingegangen
und hat zu saufen angefangen.

Als er dann beladen schwer
hielts ihn länger im Wirtshaus nicht mehr,

denn als ihn alle Geister verließen
wollte er eine Nachtfahrt mit dem Moped genießen.


Da er keine hatte
stieg er über die Latte
er wollt so ein Ding sich holen
obwohl das ist verboten.

Als er eins wollt schnappen
hat man ihn erwischt
jetzt muß er schwer berappen
und obendrein bekam er verunziert sein Gesicht.

Drum laß lieber fremder Leute Sachen stehn
dann wird’s dir besser gehen. – V i v a t!

 

Am Eingang unseres Dorfes auf der linken Seite
steht ein schönes Haus
dort ist das Rattenfängerbild eine Augenweide
darüber lacht jeder ein und aus.

Der Mann der sich dies machen ließ
ist mir hoffentlich nicht bös
er hats ja selbst installiert
und sich damit auch tituliert. – V i v a t!

 

Noch eins bevor ich mach nun Schluß
ich weiß, dass ich nichts sagen muß

Aber trotzdem ist es so
ihr nehmt einen Kerbespruch
und wir sind froh.

Denn Kerbe halten kostet Geld
wie alles andere auf der Welt
und trotzdem hoffe ich dass wir uns wieder sehn
denn die Bärstädter Kerb darf nie untergehn. – V i v a t!

 

Doch nun genug, ich seh Euch ziehts nach dem Saal
auch mir wird’s Reden bald zur Qual
drum auf begeben wir uns hinein
um zu probieren den köstlichen Wein.

Auch die Musik wartet schon um zu spielen in Dur und Moll
die Frieda serviert im vollen Lauf
das macht dem Herz die Freude voll.

Auch das Tanzbein sollt ihr schwingen
und dabei fröhliche Lieder singen
damit bald jeder ist aufgewacht
und hört wie Bärstadt singt und lacht. – V i v a t“